Erklärungsansätze

Zum besseren Verständnis des Messie-Syndroms werden mögliche Erklärungen zu seiner Entstehung und Aufrechterhaltung beschrieben, wobei die in der Fachliteratur am häufigsten genannten Ansätze ausgewählt werden.

Rehberger (2007) fand zahlreiche Hinweise dafür, dass Messies als Kleinkind über längere Zeit einen Mangel an Zuwendung erlebten. Dadurch haben sie später Schwierigkeiten, schmerzhafte Erfahrungen und Enttäuschungen zu verarbeiten und entwickeln nur wenig Selbstvertrauen und Zuversicht. Zudem  berichteten sie häufig von einer kühlen Familienatmosphäre in ihrer Kindheit (Kyrios, 2014). Als Erklärung für den Zusammenhang zwischen der fehlenden Wärme und Zuwendung in der Herkunftsfamilie und der Entstehung des pathologischen Hortens nimmt Flemisch (2009) an, dass die Betroffenen dadurch schon als Kind ihre Emotionalität unterdrücken mussten. In bedrohlichen Situationen haben sie seit frühester Kindheit gelernt, sich von anderen Menschen zurückzuziehen. Sie finden Geborgenheit in den gefügigen Objekten, wo keine Verletzungen zu erwarten sind. Mit diesen fühlen sie sich durch schöne Erinnerungen verbunden. Dabei spielt es keine Rolle, wo sich die Dinge in ihrem Wohnbereich genau befinden und ob sie auffindbar sind. Sogar wenn sie irgendwo verborgen sind, bilden die gesammelten Gegenstände eine Bereicherung für sie.

Auch Lebenskrisen wie Scheidung, Verlust des Arbeitsplatzes oder Tod eines Angehörigen können zum Ausbruch des Messie-Syndroms führen. Steins (2003) vermutet, dass ein nicht verarbeiteter Verlust zur grossen Bedeutung von Gegenständen an Stelle von menschlichen Beziehungen führt. Mit dieser Bindung an Objekte wird möglicherweise eine innere Leere ausgefüllt, die als belastend erlebt wird. Längerfristig werden die fehlenden sozialen Beziehungen damit aber nicht ersetzt, so dass das Ausmass des Sammelns und Hortens gesteigert werden muss. Auch traumatische Erfahrungen sind bei Messies häufig. So berichteten sie in zahlreichen Studien von Frost und Steketee (2011) sowohl von einem breiteren Spektrum an traumatischen Ereignissen als auch von einer bedeutend grösseren Anzahl davon. Möglicherweise vermitteln die gehorteten Gegenstände den traumatisierten Personen ein Gefühl von Sicherheit.

Im Weiteren hat sich herausgestellt, dass die Probleme beim pathologischen Horten teilweise auch mit festgefahrenen Überzeugungen zusammenhängen (Tolin et al., 2014). Wo andere Personen in einem Gegenstand nur Abfall sehen, erkennen Messies viele Verwendungszwecke dafür. Da sie im Moment aber müde oder gestresst sind und nicht genügend Zeit haben, können sie die geplante Wiederverwertung nicht ausführen und bewahren den Gegenstand auf. Zahlreiche Messies sind sehr intelligent, geschickt und kreativ. Deshalb kommen ihnen viele Ideen, was man alles aus einem bestimmten Objekt machen könnte. Einige sehen dies auch als willkommene Herausforderung. Zudem möchten sie auch nicht verschwenderisch sein und brauchbare Dinge einfach fortwerfen.